Text Volker Gustedt Fotos Jan Pauls

Die Erfahrung aus Berufsleben und Freizeit lehrt uns: Leistung und Arbeit sind nicht immer identisch. Manche schauen bei der Arbeit acht Stunden aus dem Fenster – Leistung gleich null. Im Fitnessstudio kann man den Zusammenhang noch besser beobachten. In der Abteilung Muckis geht es um Leistung. Mal locker 100 Kilogramm auf der Bank drücken. Geil, Alter! Aber hat schon mal jemand diese Muskeltypen auf einem Stepper gesehen?

Und dann gibt es diese kleinen drahtigen Frauen und Männer, die wie ein Hamster stundenlang übers Laufband joggen, ohne schlapp zu machen. Ich wette, Letztere verrichten mehr Arbeit in Form von Kalorienverbrauch als die Bankdrücker. Am besten ist natürlich, wenn man beides sportlich miteinander kombiniert. Sixpack plus Ausdauer ist die Traumkombination, mit der man es halb oder ganz nackt sogar auf das Cover von Hochglanzmagazinen schafft. Leistung und Arbeit werden also durch den Faktor Zeit miteinander verbunden.

Für fast jede Maßeinheit in der Physik gibt es einen berühmten Namensgeber. Bei der Leistung ist es der schottische Erfinder James Watt (1736–1819). Watt selbst benutzte zur Definition von Leistung noch den Begriff „Horsepower“, also „Pferdestärke“. Noch heute ist PS im Automobilbereich gebräuchlich, um die Muskeln unter der Kühlerhaube zu beschreiben. Watt gibt also die Leistung an, Wattstunden die Leistung in einer bestimmten Zeit.

Auch in der Elektrotechnik unterscheidet man zwischen Leistung und Arbeit, also wie stark zum Beispiel ein Kraftwerk ist und wie viele Stunden im Jahr es wirklich arbeitet. Es gelten ähnliche Gesetze wie im Fitnessstudio. Und wie im wahren Leben, so purzeln auch im Energiewendediskurs die Begriffe schon mal munter durcheinander. Auf Social Media melden sich Heerschaaren von wütenden Schlaumeiern zu Wort, wenn es jemand wagt, eine Erneuerbaren-Erfolgsmeldung in kW (Leistung) anstatt kWh (Arbeit) unters Digitalvolk zu bringen.

#Abspannmast

Sie stehen auffällig mächtig in der Landschaft. Abspann­masten werden gebraucht, wenn Strom­leitungen in der Erde verschwinden oder ihre Richtung ändern. Sie müssen mehr Querkräfte trägen und sind deshalb stabiler gebaut als normale Freileitungsmasten.

57

Terawattstunden
geliefert

550

Terawattstunden aktueller
Bruttostromverbrauch

Den Zusammenhang von elektrischer Leistung und Arbeit kann man ganz anschaulich am Beispiel eines Föns beschreiben. Ein Fön mit 2.000 Watt hat ordentlich Power und die Haare werden schnell trocken. Hätte der Fön eine Leistungsaufnahme von 20.000 Watt wären die Haare sehr viel schneller trocken – aber leider auch der ganze Kopf verbrannt. Hätte der Fön nur 200 Watt, würde man garantiert jeden Tag mit nassen Haaren zu spät zur Arbeit kommen.

In der Energieerzeugung haben Watt als Kennzahl für die Leistung von Kraftwerken oder anderen Erzeugungsanlagen und Arbeit als Kennzahl für den produzierten Strom jeweils ihre Bedeutung und Relevanz. Insbesondere beim Einsatz von Sonne und Wind zur Stromerzeugung ist es besonders wichtig, den Faktor Zeit zu betrachten. Denn es nützt wenig, wenn die volle Leistung nur alle naselang zur Verfügung steht – man braucht sie ja eigentlich rund um die Uhr.

Alle deutschen Photovoltaikanlagen zusammen haben derzeit eine Leistung von 66 Gigawatt, also 66 Millionen Kilowatt. Würden diese Anlagen rund um die Uhr Strom erzeugen, müssten wir uns um die Zukunft keine Sorgen machen. Ihre Arbeit – oder Stromproduktion – würde ausreichen, Deutschlands aktuellen Bruttostromverbrauch von rund 550 Terawattstunden (TWh) zu decken. Tatsächlich lieferten sie aber „nur“ 57 TWh, also 57 Milliarden Kilowattstunden. Man könnte die Leistung von Photovoltaikanlagen noch so ins Unendliche steigern, aufgrund ihrer witterungsbedingten Begrenztheit wären sie trotzdem niemals in der Lage, den Strombedarf des ganzen Landes zu decken. Sie arbeiten einfach alle zur gleichen Zeit. Dieses Problem ließe sich nur lösen, indem man ihre Arbeit auf eine Art Zeitkonto ­verteilt: über Speicher.

Wir verwenden Cookies, um die einwandfreie Funktion unserer Webseite zu gewährleisten. Außerdem können Sie im Rahmen der Datenschutz-Einstellungen optionale Dienste zur Verbesserung des Nutzungserlebnisses sowie Cookies für statistische Zwecke akzeptieren.

Alternativ können Sie dies auch verweigern.